Branko Tošović
VUKS SPRACHREFORM
IN DER DEUTUNG
DER RUSSISCHEN WISSENSCHAFTLER
0. Einleitend lassen sich drei Grundgedanken über Vukssprachreform formulieren: 1. Vuks reformatorische Tätigkeit war und ist Gegenstand für russische Linguisten, Slawisten und Philologen; 2. In Russland wurde über Vuk eine große Anzahl von Arbeiten geschrieben (Tošović 1989), unter ihnen einige ausführlichere Studien, zwei Doktorarbeiten usw.; und 3. Vuk ist der von den Russen am meisten untersuchte jugoslawische Wissenschaftler und wird es in absehbarer Zeit auch bleiben.
Die linguistischen Bewertungen von Vuks Reform umfassen einige Bereiche und Niveaus: Soziolinguistik, Lexikologie, Lexikographie, Grammatik, Orthographie, Dialektologie, Stilistik, Übersetzungstheorie usw.
Das Diapason der soziolinguistischen Fragen, die erörtert werden, ist sehr groß: gesellschaftlich-ökonomische, politische und kulturelle Bedingungen, unter denen sich die Reform vollzieht; die Eigenart der vorreformatorischen sprachlichen Situation; verschiedene Reformetappen; die Ausarbeitung neuer Segeln; die Kodifikation von sprachlichen Veränderungen; die Vernichtung des bisherigen Sprachzustandes und, als Folge dessen, das Entstehen einer Kettenreaktion; weiterhin die Änderung des Funktionsverhältnisses der koexistierenden Sprachsysteme; die funktionelle Belastung der neuen und das funktionelle Entlasten der alten Sprache; die Stärkung des Stellenwertes der Volkssprache und deren polyfunktioneller Orientierung; Änderungen der kommunikativen Funktion im System der Diglossie und der Triglossie; die Neuverteilung der Funktionssphären; Interaktion der Extra- und Intralinguistik; die Wahl der Basis zur Standardisierung; die Demokratisierung der Sprache; die Effektivität der Reform und ihrer Folgen, besonders auf dem zwischensprachlichen Gebiet; Realität und Richtigkeit von Vuks sprachlicher Voraussicht usw.
Im weiteren befassen wir uns nur mit einigen Bewertungen, die wir folgendermaßen abgrenzen: Evolution − Revolution, rationeller Extremismus, Dositej − Vuk − Njegoš, Karadžić − Križanić, russische nationale Analogien und Russozentrismus und Slawenozentrismus.
1. Evolution − Revolution. Russische Bewertungen von Vuks Sprachreform konzentrieren sich größtenteils auf die Frage, welche Wege im Prozess der Änderung des damaligen Sprachzustandes möglich gewesen wären und welches System der Veränderungen normaler und gerechtfertigter gewesen wäre ein evolutives oder ein revolutionäres. In jenen Deutungen wird betont, dass sich Vuk zu einer revolutionären, radikalen und refomatorischen Unternehmung entschlossen hat, die einerseits durch ihre positiven und negativen Folgen bewertet worden ist, und andererseits einer anderen massigeren Alternative zur Evolution gegenübergestellt wurde. Gerade auf dieser Ebene gelangen die Bussen zu ihren fundamentalen Urteilen und äußern sich über die strategischen Aspekte von Vuks Reform. Evolution und Revolution – das ist ein Dilemma, das manche zugunsten der Evolution und andere zugunsten der Revolution lösen. Dieses Dilemma wird besonders dadurch betont und aktualisiert, dass einige Aspekte besonders scharf ausgedrückt werden, wie z.B., dass man durch das allmähliche Einfuhren von Elementen der lebenden Sprache die serbische Schriftkunde reinigt und verbessert und dadurch eine neue Schriftsprache schafft. Man ist der Meinung, das gerade Vuk Karadžić die lebende Volkssprache auf ein wissenschaftliches Sprachniveau gehoben hat (Kulakowskij 1882: 233). In Bezug auf die obige Meinung vertritt die folgende Ansicht die entgegengesetzte Position: „Von allen möglichen Lösungen... hat V. Karadžić in der Situation, die bei den Serben Ende des XVIII und Anfang des XIX Jh. vorherrschte, den optimalsten Weg – den Weg revolutionärer Veränderungen, Negierung der alten literatursprachlichen Traditionen und der alten Buchsprache und die Schaffung einer neuen, auf der Volkssprache der Bauern beruhende Schriftsprache, gewählt.“ (Dmitriev/Safronov 1984: 27).
Zwischen diesen beiden Positionen bewegen sich die Versuche, eine dritte, mittlere Lösung zu formulieren, eine Lösung, durch die man eine dezide Entscheidung vermeidet, durch die man weder Revolution noch Evolution hervorhebt, sondern nur eine Feststellung über alternative Wege trifft. Einen solchen Herangang vertritt u.a. K. Tolstoi, für welchen die folgende Denkweise charakteristisch ist: „Eine einheitliche Sprache konnte auf zwei Weisen geschaffen werden: a) durch die Verbindung mit der Tradition und ihrer historischen Entwicklung und b) durch die Regierung der Tradition....“ (Tolstoi 1978: 309). „Es war möglich, zwei Wege zu gehen: entweder den Weg der Vereinigung der ‛slawischen’ und der Volkssprache, oder den Weg der Schaffung einer völlig neuen Schriftsprache auf einer volkstümlichen Basis. Vuk hat, wie bekannt, den zweiten Weg gewählt.“ (Tolstoi 1965: 228).
2. Rationaler Extremismus. Viele russische Wissenschaftler vertreten die Meinung, Vuk sei mit seiner Reform ins Extreme gegangen. Dabei ziehen sie folgendes in Betracht: Vuk habe die historische Sprachentwicklung unterbrochen (oder aufgehalten), jahrhundertealte Traditionen gestürzt und eine extreme Stellung zu Russismen und Kirchenslawismen eingenommen, zuviel Neues und Unnötiges eingeführt, bestimmte sprachliche Verhältnisse beeinträchtigt u.ä. Dies hat vielen Wissenschaftlern den Anlass gegeben, Vuks Reform als Übertreibung, Radikalismus und Extremismus zu charakterisieren.[1] In diesem Sinne ist die Meinung von V. P. Gudkov über die Form des Syntagmas „rationaler Extremismus“ sehr interessant. Interessant ist sie vor allem deswegen, da sie zwei Begriffe verbindet, die nicht allzu oft und allzu leicht nebeneinander stehen können. Es handelt sich also um eine äußerst reformatorische Position. Seiner Meinung nach ist Vuk gleichzeitig sowohl rational als auch radikal, uns stört aber, dass V. P. Gudkov diesen rationalen Extremismus für einen wesentlichen Faktor für den Sieg von Vuks Reform hält.[2] Dieser Extremismus spielte zwar eine Rolle, aber keine entscheidende, er stellte in vielen Fällen sogar ein Hindernis dar, gerade weil er extrem war. Entscheidend für den Sieg von Vuks Konzeption war etwas anderes: die Richtigkeit des Weges, die Aktualität und der Bedarf einer neuen Schriftsprache, die Tiefe des Eingriffes und nicht zuletzt die Entschlossenheit und der Glaube des Reformators.
3. Dositej − Vuk − Njegoš. Als unvermeidliche Fortsetzung, bzw. als Produkt der Deutung von alternativen Lösungen in der Sprachreform und der Wahl des Weges von Vuk, kam es zu Vergleichen von Vuk Karadžić mit anderen Reformatoren der serbokroatischen Spräche. In der Auseinandersetzung mit dem Kontext, in dem sich die Reform abgespielt hat sowie mit den Wegen, die sie als ihre eigenen gewählt hat, ziehen russische Wissenschaftler eine Parallele zwischen Vuk Karadžić einerseits und Dositej Obradović und Petar Petrović Njegoš andererseits. Allgemein wird festgestellt, dass die letzteren in Bezug auf Vuk eine gemässigtere Position einnehmen, mit der deshalb auch sympathisiert wird.[3] Mit dieser Parallele befasste sich am meisten N. Tolstoi. Seiner Meinung nach boten Dositej und Hjegoš eine Kompromisslösung (Tolstoi 1965: 229). Für ihn war Obradović in seinen Reformen massig, da er den Teil von Slawenismen (Slawenorussisinen), der für den Ausdruck von abstrakten, philosophischen, wissenschaftlichen Begriffen nötig war, behalten hatte (Tolstoi 1978: 300). Ähnlich die Reformen von Petar II Petrović. Bei ihm waren Phonetik und Morphologie auf volkstümlicher štokawischer Grundlage völlig normiert und die Lexik,, basierend auf der Symbiose von volkstümlichen und slawischen Buchelementen, kodifiziert (Tolstoi 1978: 328). Jedoch das eine als auch das andere war bei der Schaffung der serbokroatischen Standardsprache weniger bedeutend. „Die andere extremere Strömung, mit Vuk an der Spitze, hat gesiegt. Vuks Reform hat verschiedene Reaktionen bei seinen Seitgenossen hervorgerufen, aber er hat gesiegt, und bekanntlich urteilt man über Sieger nicht.“ (Tolstoi 1965: 229) In Tolstois Stellungnahmen fühlt man einen gewissen Grad an Bedauern darüber, dass während der Standardisierung der serbokroatischen Sprache keine der gemässigteren Strömungen stärker zum Ausdruck gekommen ist, nämlich die von Dositej oder die von Njegoš. Obwohl diese Nuance nirgendwo explizit hervorgehoben wird, spürt man sie. Sie wird noch potenziert durch den Versuch, die Bedeutung von Dositej der von Vuk zu erhöhen. Wir aber können schwer mit Tolstois Position Übereinstimmen, dass man eher Dositej als Vuk die Rolle eines Reformators zuschreiben sollte.[4] Die Argumente Tolstois sind folgende: „Vuk hat... das beendet, theoretisch verallgemeinert, linguistisch begründet (zusammen mit Daničić und seinen Nachfolgern) und kodifiziert, woran Obradović gearbeitet hat. Unumstritten ist Vuks Rolle in der Reform der Rechtschreibung groß, die Rechtschreibung und die Struktur der Schriftsprache sind aber verschiedene Momente, obwohl sie in gewissem Masse, vor allem auf dem soziolinguistischen Gebiet, miteinander verbunden sind.“ (Tolstoi 1978: 300). Wenn wir nur von der Bewertung ausgehen, dass Dositej ein gemäßigter und Vuk ein extremer Reformator war und wenn wir die Tatsache, dass die extreme und nicht die gemäßigtere Seite gesiegt hat, in Betracht ziehen, kann man dann schlussfolgern, dass die Holle eines Reformators vor allem Dositej zugeschrieben werden sollte, wie es Tolstoi tut? Keinesfalls halten wir es für gerechtfertigt, dass Vuk die sekundäre und Dositej die primäre Solle zugeteilt wird. Dositejs Verdienste sind bekanntlich groß, die von Vujić sind jedoch größer. Wenn Vuk nicht gewesen wäre, hätte sich kaum das verwirklicht, was Dositej angefangen hat. Was uns ferner an der Meinung Tolstois stört, ist, seine Argumentation, in dar er die Rolle eines Reformators vor allein Dositej zuschreibt und Vuks Reformen auf das Niveau der Orthographie senkt („... es ist unumstritten, dass die Rolle von Vuk in der Reform der Rechtschreibung sehr groß ist, die Rechtschreibung und die Struktur der Schriftsprache sind aber verschiedene Momente...“). Es ist bekannt, dass Vuks Reform alle wichtigen Standard sprachlichen Ebenen umfasst: Orthographie, Lexikologie, Grammatik usw.
4. Karadžić − Križanić. Zum Vergleich von Vuk mit Dositej und Njegoš kam es schon zu Vuks Lebzeiten. Die andere Parallele, Karadžić – Križanić, erschien in Form einer umfassenden Analyse erst neulich. Auf der Tagung anlässlich des 200. Jahrestages von Vuk Karadžićs Geburtstages, hielt in Leningrad der Linguist und Slawist A. D. Dulitschenko aus Tartu den Vortrag „Križanić und Karadžić: auf der Suche nach metasprachlichen Lösungen“ (Dulitschenko 1987). Der Autor stellte in seinem Vortrag fest, dass es eine überraschende Übereinstimmung zwischen den Positionen von Križanić und Karadžić über die Schriftsprache aus jener Zeit gibt, genauer, über die Mischung, die damals existierte und dass sowohl der eine als auch der andere eine Antithese zu einer solchen gemischten und verdorbenen Sprache bietet – die lebendige Volkssprache (Dulitschenko 1987). Dieser Forscher befasst sich besonders mit der Linguophilie (Liebe zur Sprache) beider Reformatoren in Bezug auf den Mutterdialekt, aber mit deutlichen Unterschieden: „… wenn für Križanić der Mutterdialekt nur Phantasie ist und ein bescheidener Wunsch sprachlicher Nostalgie, denn er schafft seine allslawische Sprache, zumeist auf einem umfassenden kroato-serbischen und kirchenslawisch-russischen Sprachmaterial, ist für Karadžić der Kutterdialekt die wichtigste Richtlinie für die Schaffung der Schriftspräche und das ist in der Tat die Idee, welche auch verwirklicht wurde.“ (Dulitschenko 1987: 6). Križanićs allslawische Sprache ist, ohne Rücksicht darauf, dass sie durch eine große Anzahl von Elementen der lebenden slawischen Sprachen erfrischt worden ist, doch in der Tat eine dialektlose Sprache und das entsprach seiner überethnischen und übersprachlichen Bestimmung, betont A. D. Dulitschenko und setzt fort: „In Vuks serbischer Schriftsprache ist die konkrete Dialektbasis hypostasiert: der am meisten verbreitete Dialekt stärkt seine Positionen und wird am Ende zu einer allgemeinliterarisßhen Sprache.“. Aufgrund einer solchen Stratifikation gibt A. D. Dulitschenko ein Schema und zeigt damit, wie zwei parallele literarische Strategien (eine literarisch-geschriebene und eine Volkssprache) ihre Positionen Ende des XIX. Jh. wesentlich ändern. „Im Wesen ist das ein revolutionärer Schritt, der zur Umformung der ganzen soziolinguistischen Situation in Serbien und weit außerhalb seiner Grenzen geführt hat.“ (Dulitschenko 1987: 7).
5. Russische nationale Analogien. Die dritte Parallele, die man in den russischen Bewertungen findet, bezieht sich auf den Vergleich Vuk Karadžić mit den Reformatoren der russischen und ukrainischen Sprache. In diesen Analogien figurieren einige Namen, wie Peter I., Lomonossov, Schischkov, Karamzin, Dalj und Schewtschenko auf der russischen Seite und solche wie Vuk, Dositej, Rajić und Njegoš auf serbischer Seite. Es herrscht die allgemeine Überzeugung, dass die jugoslawischen Auseinandersetzungen mit der Sprachreform meistens an den Konflikt zwischen Anhängern von N. M. Karamzin und A. S. Schischkov erinnert, jedoch mit wesentlichen Unterschieden. So z.B. sagt P. A. Zabolockij: „Ähnlich dem Streit zwischen den Anhängern von Schischkov und Karamzin, letzterer der dem serbischen Reformator der Sprache und der Rechtschreibung nicht unbekannt war, hat bei den Serben der Streit über die Reform äußerst leidenschaftlichen Charakter angenommen und hat sich viel mehr in die Länge gezogen, als es bei den Russen der Fall war.“ (Zabolockij 1908: 119). Im Vergleich bemerkt man etwas interessantes: alle erwähnten jugoslawischen Namen, mit Ausnahme von Vuk, nehmen eine deutliche Position in Bezug auf die russischen ein, da sie nur mit einem oder zwei Reformatoren verbunden werden (Rajić - Schischkov, Dositej - Lomonossov und Karamzin, Njegoš - Puschkin und Karamzin usw.). Vuk scheint sich weder einer eindeutigen analogischen Operation, noch in irgendein Schema einfügen zu lassen, er wird bald mit Lomonossov[5], bald mit Karamzin[6], Dalj[7], Puschkin[8], Schewtschenko[9] und bald gleichzeitig mit Peter I., Lomonossov und Puschkin verglichen.[10] Deshalb lassen manche Forscher Vuk einfach aus dem Vergleich heraus. In welchem Hasse Vuk in dieses Vergleichssystem nicht hineinpasst, genauer, wie sehr er als eine mehrschichtige und vieldimensionale Erscheinung isoliert dasteht, bemerkt Tolstoi: „Wenn wir uns nationalen Analogien zuwenden, die inner nur annähernd, in vielen Fällen aber riskant sind, so hat Obradović in der Geschichte der serbischen Schriftsprache dieselbe Rolle ausgeübt wie Karamzin bei den Russen und Njegoš dieselbe wie Puschkin. Karadžić und seine Anhänger gingen aber noch weiter, indem sie auf radikalen Maßnahmen bestanden, die unserer Meinung nach zu einer wesentlichen Einengung der stilistischen Möglichkeiten dar Volkssprache führen musste.“ (Tolstoi 1973: 306).[11] Es ist also auf der russischen Seite schwer, eine Persönlichkeit zu finden, welche der Vuks entspräche.
In diesen Vergleichen werden auch besondere Momente betont, wie z.B. der Einfluss russischer Wissenschaftler auf Vuks Reform. P. A. Zabolockij, z.B. stellt fest, dass sich Vuk bei der Änderung der Rechtschreibung auf die Autoritäten von Gretsch, Kepen und Peter I. berufen hat, letzterer, welcher das „bürgerliche Alphabet“ eingeführt hat, die unnötigen altslawischen Buchstaben abgeschafft und den Grundriss der Grapheme der lateinischen Schreibweise angenähert hat (Zabolockij 1908: 287).
Er behauptet auch, dass der Einfluss der Fibel von Feofan Prokopovič, der Grammatik von Meletije Smotrickij und der russischen Übersetzung der Bibel nicht in Zweifel gezogen werden kann. Auf der anderen Seite weist N. I. Kravcov darauf hin, dass fortschrittliche Missionare der serbischen Kultur, mit Vuk an der Spitze, Puschkins Erfahrungen bei der Reform des Russischen und Resultate der Forschung der russischen Philologen A. H. Vostokov und I. I. Sreznjevskij in Betracht gezogen haben (Kravcov 1957: 2I9). In diesen russisch-serbischen Parallelen sind auch Unstimmigkeiten zwischen einzelnen russischen Wissenschaftlern bemerkbar. Das ist der Fall mit V. V. Vinogradov und P. A. Kulakowskij. [12]
6. Russozentrismus und Slawenozentrismus. Allein die bisherigen Ausführungen weisen auf eine wichtige Note in den russischen Bewertungen hin, so z.B. wird Vuks Reform der Sprache sehr oft und sehr gern in Kontext der engeren oder umfassenderen russisch-serbischen Beziehungen und ihres Einflusses auf weitere sprachliche, slawistische, philologische, kulturelle und politische Ereignisse gebracht. Vuks Reform wird vom Standpunkt bewertet, was sie den Russen gegeben hat, in welchem Masse sie für sie, für ihre Sprache und Kultur positiv und in welchem Masse negativ ist, ob sie den Anfang der Trennung der serbischen von der russischen Sprache und die Unterbrechung des russischen Einflusses gekennzeichnet hat, welcher im XVIII. Jh. sehr stark zum Ausdruck gekommen ist. Solche wichtigen und strapaziösen Fragen stellen einen Eckstein im Aufbau der russischen Stellungnahme bezüglich Vuks Reform dar. Ohne zu übertreiben, kann man sagen, dass es kaum eine ernsthafte Arbeit gibt, in der diese Problematik nicht existiert und auf dieser Ebene behandelt wird. Deshalb kann man schlussfolgern, das die russischen Positionen zur Sprachreform Vuks in erheblichen Masse russozentrisch sind.[13] Bei der Orientierung dieser Problematik auf die russische Perspektive hin, gehen einige Forscher ins Extreme, indem sie die Folgen von Vuks Reformen tendenziös behandeln: ist eine Folge negativ für die Russen, nehmen die Russen dazu aus einen negativen Standpunkt ein. Typisch ist das Beispiel von A. F. Hilferding. Schon 1858 hat er Vuk beschuldigt, dass er alle Beziehungen zur heiligen Schrift abgebrochen hat infolge einer Unterredung mit Jernej Kopitar und unter finanzieller Hilfe der römischen Propaganda (Hilferding 1858: 31-32). Diese Bewertung war lange aktuell, bis sie von den russischen Forschern völlig abgelehnt worden ist. A. F. Hilferding ist in seiner Bewertung sehr radikal gewesen: Vuk habe nicht nur zwischen den Russen und Serben Zwietracht gesät, sondern diese Zwietracht habe auch eine zerstörerische Wirkung auf die serbische Literatur selbst ausgeübt. Dieser Slawist und Historiker hatte nur oberflächliche Vorstellungen vom Charakter der Reform Vuks, weder verstand er, noch fühlte er ihre Kraft und so erklärte er 1858 den Sieg von Vuks Gegnern.[14]
Für Russen schien das Verlassen der Kirchenslawischen Basis und der russischen Elemente die empfindlichste Stelle von Vuks Reform zu sein. P. A. Kulakovski meint, dass der Sieg von „Vuks Theorie“ dem serbischen Volk vielleicht nicht ganz zum Nutzen gewesen sei, da es zu schwach war, sich unter dem Druck der germanischen Welt selbstständig aufrechtzuerhalten (Kulakowskij 1882: 77). Im Fokus des Russozentrismus sind ungünstige Tendenzen bemerkbar: das Abnehmen des russisch-orthodoxen Einflusses und das Wachsen des katholischen.[15] Vielen, wie auch Kulikovski, schien die serbische Sprache und das Volk diesem neuen Einfluss nicht widerstehen zu können. Das war es, was eine nicht übersehbare Unruhe hervorrief. Sie wurde auch durch einige unlogische Momente betont, die von den russischen Forschern bei Vuk bemerkt wurden.[16]
Dass wir zwei Stellungnahmen aus der zweiten Hälfte des XIX. Jh. angeführt haben, bedeutet nicht, dass es zur russozentrischen Deutung von Vuks Reform kam. Sie entstand praktisch schon gleich zu Beginn von Vuks Tätigkeit. So finden wir, z.B. schon 1824 folgende Ansicht: „Man sollte noch betonen, dass Vuk Stefanović und einige andere serbische Literaten sich umsonst mühten, das altslawische Alphabet durch neue Buchstaben und durch die Einführung einer fremden und wilden Orthographie für die Slawen zu beeinträchtigen. Anstatt, dass sich die Serben und Russen einander nähern und das der Austausch ihrer einheimischen Werke erleichtert wird, brechen sie das Bündnis zwischen ihren Sprachen, dass in den ältesten Zeiten durch die Aufnahme der kyrillischen Schrift geschlossen worden war.“ (Gretsch 1824: 249).
Russozentrische Elemente findet man auch in den Bewertungen der Beziehungen zwischen Vuk und Kopitar, z.B. in der Stellungnahme, dass Vuk nichts anderes als Kopitars gelungene Kreatur ist, der in der Volkssprache ein starkes Mittel zur Schwächung der Tradition des serbischen Altertums gesehen hat (Snegirev 1876: 16). Diese Meinung, hat bekanntlicherweiese A. F. Hilferding als erster vertreten, den dann P. A. Kulakowskij unterstutzt hat.[17] Auch in der neuesten Zeit kann man ähnliche Deutungen finden.[18]
In manchen Fällen kann man mehr von Slawenozentrismus als von Russozentrismus sprechen und zwar dann, wenn man Vuks Reform aus der allgemein-slawischen Perspektive betrachtet. Ein solcher Blickwinkel kann, wie auch beim Russozentrismus, objektivistisch und subjektivistisch sein. Der letztere fuhrt oft zu tendenziösen Schlussfolgerungen, die manchmal auf höheren Idealen beruhen. Eine solche Problemsicht wird mit Slawenophilie identifiziert. Die typische Erscheinungsform des tendenziösen Slawenozentrismus stellt die Hervorhebung des internationalen Slawentums (des Allgenieinslawentums) in Bezug auf das nationale Slawentum (Angehörigkeit zu den slavischen Völkern) dar. Einen solchen Fall stellt Budilovičs Bewertung von Vuks Separatismus und Zusammengehörigkeit dar: „Die Einheit der Schreibkunde aller Slawen ist ein unvergleichbar höheres und wichtigeres Prinzip, als es die Erleichterung der Orthographie für einen Halbgebildeten ist.“ (Budilovič 1877: 44).
7. Die Wege, von denen die Rede war (Evolution − Revolution, rationaler Extremismus, serbische und russische Analogien, Russozentrismus und Slawenozentrismus), berühren nur ein en Teil der russischen Bewertung von Vuks Sprachreform. Wir haben sie für die Analyse gewählt, weil sie uns für die russische Soziokultur charakteristisch erschienen. Weitere Forschungen sollen ein vollständiges Bild über die Beziehung zu Vuk und seiner Reform in Russland geben
Literatur
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[1] Z.B. I. Snegiroff: „Er ging von der Szene als Prediger der extremsten Richtung mit der Devise die der Mehrheit nicht genehm war: 'Schreibe wie du sprichst'“. (Snegirov 1876: 17). Kulakowskij hebt hervor, dass Vuk das phonetische Recht schreib System an die äußersten Grenzen getrieben hat (Kulakowskij 1882: 230). V. V. Vinogradov spricht über Einseitigkeit und Extrem nur in der frühere: Etappe von Vuk's Tätigkeit (Vinogradov 1965: 48).
[2] „Der erbitterte Meinungskampf dauerte einige Jahrzehnte und endete mit dem Sieg der Konzeption, bei deren Ausarbeitung der rationale Extremismus Vuk Karadžić's von ausschlaggebender Bedeutung war.“ (Gudkov 1979: 210). In einer anderen Arbeit hebt V. P. Gudkov hervor, dass der Extremismus der sprachlichen Konzeption Vuk Karadžić's als Reaktion auf die kontradiktorische literatursprachliche Situation bei den Serben im ersten Viertel des XIX. Jahrhunderts auftrat (Gudkov 1978: 72).
[3] A. S. Budilowitsch unterstreicht, dass sich Dositej Obradović in seiner reformatorischen Tätigkeit durch gemässigtere Ansichten leiten ließ, während Vuk, im Gegenteil, entschlossen war, alle Verbindungen zwischen der Literatur der neuen und der alten Periode zu unterbrechen und ganz von Neuem mit der Schaffung der Schriftsprache zu beginnen (Budilowitsch 1877: 4-7). K. F. Radtschenko stellt dagegen fest, dass Vuk dennoch ein Fortsetzer Dositej's war: „Obwohl vielleicht Dositej gewisse Extreme der Vuk'schen Reform nicht gebilligt hätte, kann man immerhin Vuk als Fortsetzer Dositej's, dem Geiste nach, bezeichnen.... Dadurch negiere ich natürlich nicht den grundlegenden Unterschied zwischen den Ansichten Vuk's und Dositej's.“ (Radtschenko 1897: 232). I. Snegiroff schreibt wie folgt: „Indem er ihn (Dositej, B. T.) im Studium der Volkssprache weit überholte, verliess er seine gemässigte Richtung und ging in der Reform der Schriftsprache den äußersten Weg.“ (Snegiroff 1876: 15).
[4] „Wahrscheinlich ihm, und nicht Vuk Karadžić, muss man in erster Linie die Rolle des Reformators der serbischen Schriftsprache zuschreiben.“ (Tolstoi 1978: 308).
[5] „Den Beitrag Vuk Karadžić's zur nationalen Kultur der Völker Jugoslawiens, kann man, nach seiner Bedeutung und seinen Folgen, ohne Übertreibung mit der Rolle Lomonossow's in Russland vergleichen.“ (Popova 1964: 245).
[6] „Zu solchen Neuerungen ist noch kein Erneuerer je ohne Kampf gekommen. So wie die Sprache und literarische Tätigkeit Karamasinoff's einem Schischkoff und den Anhängern des Slawischen in der russischen Sprache gefährlich erscheinen konnten und auch erschienen, konnte man ebenso, und vielleicht mit größerem Recht, Karadžić angreifen, der unbarmherzig jede Überlieferung des serbischen Schrifttums mit dem russischen und die Verbindungen der serbischen Sprache mit dem Slawenorussischen zerriss...“ (Kulakowskij 1882: 76).
[7] „Es erscheinen jedoch Leute, welche dazu zwingen, dass man diesen lügnerischen Weg verlässt und der Muttersprache mehr Beachtung schenkt. So war es bei den Franzosen, den Deutschen; Ein solcher Vorkämpfer der Muttersprache war bei uns in jüngster Zeit Dalj, ein solcher war V. Karadžić, vor allem im Kampf gegen die ‛Slawenschtina’... Dalj, der auf äußerordentliche Weise die lebende russische Sprache erforschte und dem der Prozess der Reinigung und Bereicherung der europäischen Sprachen, die Selbständigkeit gewonnen haben, ziemlich geläufig war, schlägt die gleichen Maßnahmen zur Reinigung und Bereicherung unserer Schriftsprache vor. V. Karadžić, dem man der Böswilligkeit in seiner Tätigkeit bezeichnete, schlug vor und verwendete auch selbst die gleichen Maßnahmen im Kampf gegen die slaweno-serbische Sprache.“ (Snegirov 1876: 30-31)
[8] V. V. Vinogradov weist auf die individuellen Unterschiede zwischen Vuk und Puschkin hin: „Aber – und das ist natürlich – schon wegen der spezifischen soziokulturellen Persönlichkeit Vuk Karadžić's und dem allgemeinen Charakter der Bedingungen der serbischen nationalen Wiedergeburt – erscheinen sehr ausgeprägte individuelle Unterschiede z.B. zwischen ihm und Puschkin – unseren großen Schöpfer der russischen Volkssprache, sogar auf dem Gebiet der Verwendung von folklorisch-poetischer Tradition.“ (Vinogradov 1965: 47).
[9] „Vuk Karadžić wurde zum Begründer und Schöpfer der neuzeitlichen serbokroatischen Schriftsprache. Das gleiche historische Unterfangen gelang Taras Schewtschenko Mitte des 19. Jh. der zum Schöpfer der neuen ukrainischen Sprache wurde, die sich auf der breiten Basis der lebenden Volkssprache gründete. Wenn Vuk Karadžić seine Mission als Wissenschaftler erfüllte, indem er das wissenschaftliche Fundament der Orthographie, der Grammatik und des Gebrauches der serbokroatischen Sprache legte, dann hat Taras Schewtschenko, auf Grund der genauen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Vorstellung über die Rolle der Schriftsprache im Leben, der Entwicklung und dem Kampf seines Volkes, durch sein geniales Schöpfertum eine Sprache geschaffen.“ (Bilodid 1965: 47-48).
[10] „Indem wir dieser Weise die Verdienste V. St. Karadžić's in Hinsicht auf die richtige Erkenntnis und erfolgreiche Befriedigung der Ansprüche der Zeit nicht verringern und seiner Eigenständigkeit, Energie und Vielseitigkeit in seinen Reformen, die ihm, in diesem Sinne, dem Geist unseres Peter I. Lomonossow und Puschkin nähern, die nötige Achtung erweisen, haben wir immerhin, auf Grund des früher gesagten, das Recht, zu dem Schluss zu kommen, dass der russische Einfluss auf ihn von nicht geringer Bedeutung war ....“ (Zabolockij 1908: 294)
[11] Tolstoi 's Parallelen gewinnen ihr Gewicht dadurch, dass sie in eine breitere zeitliche und räumliche Ebene gestellt sind. Das ist auch aus den folgenden Worten ersichtlich: „Das 18. Jh. war doch in solchem Ausmass ‛widerspruchsvoll’ in welchem dies jeder beliebige Zeitraum der Bildung neuer Grundlagen und Normen der Schriftsprache war. In der slawischen Welt ist in diesem Sinne wahrscheinlich am charakteristischsten das Beispiel der russischen schriftsprachlichen Prozessen den Epochen des Barock und des Klassizismus. Ihre Antriebskraft war der Zusammenstoss zweier Tendenzen: der Tendenz, die auf die Entwicklung eines Systems der Untersprachen’ (bzw. Stile) gerichtet war und der Tendenz, die die Schaffung einer ‛allgemeinen’ Sprache, häufig auf Grund von Kompromissen, zum Ziel hatte. Auf diesem Boden entstand der Streit zwischen den Anhängern Schischkoff‛s und Karamsin's. Ein typischer ‛Schischkoff-Anhänger‛ war im serbischen Kulturmilieu Jovan Rajić, während der Weg Dositej's Obradović an den Weg Karamsin's erinnert. In etwas eingeengter Projektion können wir auf serbischem Boden die gleichen Tendenzen und Entwicklungsformen beobachten, welche für die russische Sprache des 18. Jh. charakteristisch waren.“ (Tolstoj 1977: 271).
[12] P. A. Kulakowskij schrieb: „Wenn in der serbischen Literatur ein sprachlicher Gesetzgeber erschiene, wie das in der russischen Lomonossov und Karamsin waren – steht es ohne Zweifel, dass sich eine bestimmte serbische Schriftsprache auf der gleichen Grundlage auf der sich die russische entwickelt hat, gebildet hätte und die serbische Literatur hätte sich nicht so sehr von der russischen entzweit, wie dies nach dem Triumph der Reformen Karadžić's der Fall war.“ (Kulakowskij 1882: 136). V. V. Vinogradov hat hervorgehoben, dass man eine solche Meinung nicht als historisch berechtigt annehmen kann (Vinogradov 1965, 43).
[13] Indem er Križanić und Karadžić vergleicht, verwendet A. D. Dulitschenko, ohne Erklärung, den Termin „Linguo-russo-zentrimus“ (Dulitschenko 1987: 7), jedoch ist aus dem Referat ersichtlich, dass er darunter die russische Sprache als Orientationsrichtung verstand. Für unsere Analyse erscheint es uns zutreffender den Ausdruck Russozentrismus zu verwenden, denn es handelt sich nicht nur und nicht immer um eine rein linguistische Orientation.
[14] „Die Gegner Vuk's, die zu Beginn als Pedanten und Port Schrittsgegner ausgelacht wurden, hielten sich so fest, dass sie offensichtlich einen Sieg errangen.“ (Hilferding 1858: 32).
[15] In diesem Zusammenhang sind die Einwände interessant, die Dmitrijev und Safranov gegen Miodrag Popović erhoben, in Bezug auf seine Ansicht, dass die natürlichen Wege der serbischen Literatur schon zu Orfelins Zeiten nach Westen geführt hätten, dass jedoch die politischen und kulturellen Gegebenheiten jener Epoche die Serben nach dem Osten ausgerichtet hat, auf die russisch-slawische Literatur, Sprache und Rechtschreibung (Dmitriev/Safronov 1983: 69-71).
[16] „Seine extreme Angst vor dem slawo-russischen Einfluss, veranlasste ihn sogar türkische Worte den russischen vorzuziehen, was sehr dissonant klang im Kreis der slawischen Laute der serbischen Sprache.“ (Kulakowskij 1882: 232-233).
[17] „Wir möchten hier nur aufzeigen, dass die Anschuldigung gegen Kopitar, welche Hilferding aufstellte, ihre Begründung im Verhältnis selbst hatte, welches Kopitar gegenüber den literarischen Begriffen im Allgemeinen bezeugte.“ (Kulakowskij 1882: 54-55).
[18] „Kopitar war austrophil und ein Gegner Russlands. In seiner Austrophilie ertönten deutlich austro-slawische Noten. Kopitar strebte nach einer Schwächung sowohl des kulturellen als auch des politischen Einflusses der Russen auf die Slawen. Er schmälerte die Bedeutung der russischen Wissenschaft und schätzte nicht allzu sehr die Beziehungen zu den russischen Wissenschaftlern.“ (Nikitin 1964: 31).